Der unermüdliche Drang nach Verbesserung

INTERVIEW ZUM 90. GEBURTSTAG Annemarie und Gerhard Sturm erzählen, wie man mit Mut und technischem Geschick ein Weltunternehmen aufbaut.

Gerhard Sturms Lebensgeschichte ist beeindruckend. Eigentlich sollte er Pfarrer werden, stattdessen machte er eine Lehre in Esslingen und gründete wenige Jahre später gemeinsam mit Heinz und Günther Ziehl die Elektrobau Mulfingen, kurz ebm, die heutige ebm-papst. Aus bescheidenen Anfängen entwickelte sich unter seiner Führung ein global agierendes Familienunternehmen, das heute einen Milliardenumsatz erwirtschaftet und als Weltmarktführer in der Lüftungstechnik gilt. Im Interview blicken Gerhard und Annemarie Sturm auf das, was in ihrem Leben wichtig war und ist.

Familienmensch, Unternehmer, Erfinder, Denker, politisch Engagierter. Frau Sturm, welcher Gerhard Sturm war Ihnen in den vergangenen 56 Jahren Ehe am liebsten?

Annemarie Sturm: Der Mensch Gerhard Sturm. Und das von Anfang an. Er war anders als die anderen Freunde, die ich damals hatte. Sein Wissen und seine Persönlichkeit haben mich fasziniert, seine Zielstrebigkeit. Und später war es so: Obwohl die EBM unser Leben dominiert hat, hat er die Zeit, die er zu Hause verbrachte, intensiv für die Familie genutzt. Das war wichtig, denn in den letzten Jahren hat es sich natürlich gedreht, da ist die Familie in den Vordergrund gerückt.

Sie waren Mitte der 60er Jahre seine Sekretärin. Wie war er denn als junger Mann? Als Chef?

Annemarie Sturm: Er hat mich ganz schön gefordert, er war auch streng. Es gab ja auch diesen großen Altersunterschied. Nicht selten musste ich abends noch bleiben, weil er noch etwas zu diktieren hatte. Manchmal auch freitags noch. Er hatte immer zu wenig Zeit. Seine Entschlossenheit hat mich aber sehr beeindruckt. Er gab nie auf. Und wenn er weg war, brachte er immer Aufträge mit nach Hause. Dass ich das Unternehmen und viele Mitarbeiter kannte, hat mir natürlich später auch noch sehr geholfen.

Sprechen wir mal mit dem Denker Gerhard Sturm. Wir befinden uns in Zeiten des Umbruchs, in dem sich auch immer Chancen bieten, Neues zu beginnen. Sehen Sie Parallelen zu der Zeit, als Sie die EBM gegründet haben?

Gerhard Sturm: Es gibt Parallelen, aber die Zeiten waren doch sehr unterschiedlich. Nach dem Krieg lag die Wirtschaft am Boden. Das war eine schwierige Zeit, aber die Rahmenbedingungen waren recht stabil, es gab Potenzial für neues Wachstum. Heute leben wir alle auf höherem Niveau, auch was den Lebensstandard angeht, aber die Unsicherheit ist in vielen Bereichen größer. Die Welt ist globaler und komplexer geworden. Was sich nicht geändert hat, ist die Notwendigkeit, Chancen zu ergreifen, auch wenn andere skeptisch sind. Aber es ist immer entscheidend, dass man eine Chance auch als solche erkennt.

Rückblickend sieht es immer recht leicht aus, ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen und zu führen. Irgendwie selbstverständlich. Was war ihr Gefühl damals?

Gerhard Sturm: Es war alles andere als selbstverständlich. Wir mussten von Null anfangen und völlig neue Produkte entwickeln, die gab es ja noch gar nicht. Die ersten Jahre waren hart, und es gab durchaus Momente des Zweifels. Manchmal habe ich nachts wachgelegen und dachte, wir würden es nicht schaffen. Aber ich habe nie aufgegeben. Ein entscheidender Moment war, als wir vom Hausgeräte-Hersteller Gaggenau einen Auftrag über 500.000 Motoren bekamen, obwohl unser Produkt noch nicht ganz ausgereift war. Und dann gleich diese Größenordnung. Das war eine enorme Herausforderung, aber auch eine große Chance. Inzwischen wurde dieser Motor mehr als 200 Millionen Mal gebaut, und er läuft heute noch. Der Glaube an unsere Ideen und die Unterstützung durch Wegbegleiter wie Heinz Ziehl haben ebm vorangetrieben.

Heinz Ziehl hat früh Ihr Potenzial erkannt…

Gerhard Sturm: Ja, Heinz Ziehl war für mich ein wichtiger Mentor und Förderer. Er hat in mir etwas gesehen, was ich selbst vielleicht noch nicht erkannt hatte. Nach meiner Ausbildung zum Maschinenbauer in Esslingen kam ich zu Ziehl-Abegg. Dort wurde ich sehr schnell heimisch und habe viel gelernt und nebenher den Meister gemacht. Heinz Ziehl befand dann auch, dass ich kein Ingenieursstudium brauche. Ich hätte auch so genügend Chancen im Unternehmen.

Sie haben tatsächlich auch ohne Studium schnell die Leiter nach oben erklommen…

Gerhard Sturm: Ja, ich wurde bei Ziehl-Abegg sehr schnell Abteilungsleiter, 1960 dann technischer Leiter als Nachfolger von Wilhelm Gebhardt, der sich damals schon selbstständig gemacht hat. Mit dem Außenläufermotor hatte ich mich zu der Zeit schon länger beschäftigt. Ich hatte die Idee, ihn in kleiner Bauform als Ventilator zu nutzen. Anfangs gab es viele Rückschläge. Aber Heinz Ziehl hat mir geholfen, hat mitgetüftelt, und er war überzeugt von der Idee. Ohne sein Vertrauen wäre die Gründung der ebm nicht möglich gewesen. Ich bin ihm bis heute sehr dankbar.

Inwieweit hat sie Ihre Kindheit und Jugend auf das Unternehmertum vorbereitet?

Gerhard Sturm: Meine Kindheit auf dem Land und in der Landwirtschaft hat mich geprägt. Mein Vater war in vierter Generation Bauernschulz – also Landwirt und nebenberuflich noch Bürgermeister der damals selbstständigen Gemeinde Nagelsberg bei Künzelsau. Aber das unternehmerische Denken im eigentlichen Sinne wurde mir nicht in die Wiege gelegt, das musste ich mir selbst aneignen und erarbeiten. Wir sind da mit der Firma in unsere Aufgaben hineingewachsen.  Ursprünglich gab es ja auch einen ganz anderen Lebensplan – ich sollte Pfarrer werden und ging deshalb aufs Gymnasium.

Aus dem Pfarrer Sturm wurde nichts. Ein klares Wertegerüst haben Sie aber immer behalten. Welche Rolle hat das für Ihre Erfolgsgeschichte gespielt?

Annemarie Sturm: Oh, eine große Rolle, wenn ich das sagen darf. Die christliche Grundeinstellung hat er behalten. Das hat sich auch im Umgang mit den Mitarbeitern, in der Wertschätzung gezeigt. Er hatte immer eine offene Tür, jeder durfte zu ihm.

Gerhard Sturm: Ich habe schon auch etwas von meinen Leuten verlangt. Das hat dazugehört. Fairness war dabei ein Wert. Und wichtig fand ich auch bei meinen Mitarbeitern, dass sie sich für die Gemeinschaft, für die Gesellschaft einsetzen.

Annemarie Sturm: Er hat das bei anderen geschätzt und selbst gelebt. Manchmal mit Spenden für karitative Zwecke oder für Projekte, die ihm wichtig waren. Aber oft hat er auch einfach auf der ganz persönlichen Ebene Menschen unterstützt, die Hilfe benötigten. Darüber wollte er aber nie groß sprechen.

Wie wichtig waren Ihnen Verlässlichkeit und Kontinuität im Unternehmen, auch personelle?

Gerhard Sturm: Sehr wichtig. Viele Mitstreiter der ersten Stunde waren bis zum Ruhestand bei uns.

Annemarie Sturm:  Und umgekehrt konnten sich die Leute immer 102-prozentig auf ihn verlassen. 

Gerhard Sturm: Die Kontinuität und Verlässlichkeit haben uns auch geholfen, Krisen zu überstehen und langfristig erfolgreich zu sein. Gleichzeitig mussten wir uns immer wieder neu erfinden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Deshalb war mir auch die Offenheit im Unternehmen so wichtig. Ich wollte, dass immer alles auf den Tisch kommt. Nur dann kann man die Dinge gemeinsam bewerten und kommt auch weiter. Nur so entsteht Neues.

Wir sitzen hier in der Jagstmühle in Mulfingen-Heimhausen – einem Zeichen ihrer Heimatverbundenheit. Was macht Hohenlohe so besonders für Sie? Sie haben dann ja die ganze Welt gesehen?

Gerhard Sturm: Hohenlohe ist nicht nur mein Geburtsort, sondern auch der Ort, der mein Weltbild und meinen Werdegang geprägt hat. Die hart arbeitenden Menschen hier, insbesondere die Landwirte und ihre Familien, waren die Basis unseres Erfolgs. Ihre Arbeitsmoral und Verlässlichkeit haben die ebm stark gemacht. Trotz aller Weltreisen blieb Hohenlohe immer meine Heimat und der Ort, an dem ich mich am wohlsten fühle.

Sie haben sich auch politisch für Ihre Heimat engagiert. War das ein Engagement des Privatmanns Gerhard Sturm oder des Unternehmers?

Gerhard Sturm: Sicher beides. Man hat aber auf jeden Fall geschätzt, dass ich die Unternehmerperspektive in die Gremien mitgebracht und darauf gedrängt habe, dass die Region attraktiv bleibt. Das hat auch viel Freude gemacht. Mehr als 35 Jahre war ich im Gemeinderat aktiv, und 25 Jahre im Kreistag.

War es nicht auch ein Risiko, sich als Unternehmer dem Votum der Bürger zu stellen? Es hätte auch schief gehen können…

Gerhard Sturm: Ach, natürlich ist man nicht bei allen beliebt, das gilt aber nicht nur für Unternehmer. Die Wahlergebnisse konnten sich in der Regel aber sehen lassen, auch wenn ich nicht immer Stimmenkönig war (lacht).

Welche Themen und Projekte waren Ihnen besonders wichtig?

Gerhard Sturm: Mein Engagement galt besonders der Bildung und der lokalen Entwicklung. Ich habe mich beispielsweise in Rottenburg beim Bischof der Diözese für den Erhalt der Schule in Mulfingen eingesetzt. Es hat mit unserer Unterstützung geklappt, und der Bischof war sehr dankbar dafür. Aber ich habe gesagt: Wir brauchen keinen Dank. Wir brauchen Mitarbeiter. Eine Schule ist wichtig, wenn man Familien dazu bewegen möchte, zu uns ins Jagsttal zu ziehen.

Man hat in der Kommunalpolitik immer auf Sie gehört?

Gerhard Sturm: Nicht immer. Ich habe mich zum Beispiel auch für ein Hallenbad in Mulfingen stark gemacht – daraus wurde nichts. Wenn man sieht, wie sich die Kosten für solche Einrichtungen entwickelt haben, kann man das aber auch als glückliche Fügung sehen. Erfolgreicher waren wir mit der Förderung der Hochschule, für die ich in Künzelsau mit Reinhold Würth gekämpft habe. In Heilbronn war ich mit Dieter Schwarz im Beirat der Fachhochschule. Was die Unternehmer angeht, war die Region schon gut verzahnt (lacht). Es war uns allen ein großes Anliegen, die nächste Generation Akademiker, in unserem Fall vor allem Ingenieure, in der Region auszubilden.

Wo hat man sich denn sonst so verzahnt und vernetzt?

Gerhard Sturm: Auf dem Tennisplatz. Damals haben gefühlt alle Tennis gespielt: Bürgermeister, Landrat, Unternehmer und viele andere – so sind auch viele dauerhafte Freundschaften entstanden.  

Wie ist es, Freundschaften zu pflegen, wenn man so viel unterwegs ist?

Gerhard Sturm: Nun, es ist sicher nicht einfach. Als Unternehmer muss man sich oft zurücknehmen, weil das Unternehmen an erster Stelle steht. Die Zeit für Freundschaften war begrenzt, aber die Kontakte, die wir hatten, waren wertvoll. Viele meiner engsten Beziehungen entstanden durch die gemeinsame Arbeit und das Engagement in der Region. Es stimmt schon, dass man als Unternehmer in gewisser Weise einsamer ist als andere. Aber ich habe immer versucht, ein gutes Gleichgewicht zu finden. Geholfen hat mir da auch der Gesangverein.

Mit der Singstunde hat sich ihr Mann ein bodenständiges Hobby bewahrt. Wo war für Sie der Rückzugsort, Frau Sturm?

Annemarie Sturm: Mein Rückzugsort war eigentlich immer die Familie. Wenn Gerhard zu Hause war, haben wir die Zeit intensiv miteinander und mit den Kindern verbracht. Wir haben auch viel zusammen gespielt, besonders an Weihnachten. Später kam der Sport dazu. Ich habe auch mit dem Tennisspielen angefangen.

Irgendwann hat sich die ebm aus dem Tal heraus in die weite Welt entwickelt, wurde später zu ebm-papst. Wie war das für Sie, als dann plötzlich Amerika und China auf dem Reisekalender standen, Frau Sturm?

Annemarie Sturm: Es war selbstverständlich, dass Gerhard überall hinreisen musste, wenn es für das Unternehmen wichtig war. Wir fühlten uns verantwortlich, jeden Tag neue Aufträge zu gewinnen. Wir brauchten Arbeit für unsere Mitarbeiter. Ich habe ihn auf einigen Reisen begleitet, mal nach Holland oder in andere Nachbarländer, aber beispielsweise auch nach Indien zur Einweihung unserer neuen Niederlassung. Diese Erfahrungen haben uns beiden die Augen für die Welt geöffnet. Wenn man die indischen Ghettos gesehen hat, wird man schnell demütig und sehr dankbar für die eigene Situation.

Herr Sturm, wie blicken Sie heute auf die Globalisierung, von der ebm-papst bis heute auch profitiert?

Gerhard Sturm: Ein wichtiger Teil der Erfolgsgeschichte der EBM war, dass wir schon früh internationalisiert haben. Wir konnten kein Englisch, aber wir wollten trotzdem Geschäfte mit IBM machen.  Die Globalisierung hat uns viele Chancen eröffnet.  Das hat uns geholfen, zu wachsen und neue Märkte zu erschließen. Heute bringt die globalisierte Welt aber viele Herausforderungen mit sich. Wir können gerade jeden Tag die Komplexität und die Risiken beobachten.

Welche Rolle spielt Geld eigentlich für Sie – ist es auch ein Antrieb?

Gerhard Sturm: Privat überhaupt nicht. Klar habe ich mich gefreut, wenn auf dem Kontoauszug etwas stand. Das gibt Sicherheit. Aber sonst blieb das Thema Geld eher im Hintergrund. Aber in der Firma war klar, dass wir Geld verdienen müssen. Wenn das ein paar Jahre nicht passiert, dann wird es schwierig. Dann muss man Entscheidungen treffen, die man nicht treffen möchte. Zudem gilt es aufzupassen, dass es keine sozialen Ungleichheiten gibt. Deswegen könnte ich auch mit einer höheren Einkommenssteuer für Reiche leben.  Wenn es den Leuten schlecht geht, dann führt das zu Extrempositionen. Das sehen wir ja gerade bei den Wahlergebnissen.

Viele Menschen blicken mit Sorge auf das Thema Künstliche Intelligenz. Welches Gefühl haben Sie dabei?

Gerhard Sturm: Ich beobachte das mit großem Interesse, aber eigentlich auch aus der Distanz. Ich sehe das enorme Potenzial von KI gerade für Effizienzsteigerungen. Die Veränderungen, die damit einhergehen, kann ich aber nicht abschätzen. Da müsste ich mich viel intensiver damit beschäftigen, so wie ich es in der Vergangenheit getan habe. Aber früher gab es auch schon große Veränderungen. Denken Sie, wie es war, als die ersten Computer in die Firma kamen. Oder E-Mail. Früher hat man einen Brief geschrieben. Und dann wusste man, dass erst einmal ein paar Tage gar nichts passiert. 

Ihre Liebe zur Technik hat Sie ein Leben lang begleitet. Worauf sind Sie heute noch besonders stolz?

Gerhard Sturm: Das ist nach wie vor die Weiterentwicklung des Außenläufers, wie wir ihn stetig verbessert haben, auch über die EC-Technik. Damit haben wir die Branche revolutioniert. Und bis heute macht ebm-papst damit einen Großteil seines Umsatzes.  Wir waren damit nicht nur technisch innovativ, sondern auch wirtschaftlich sehr erfolgreich. Nur deswegen konnten wir unseren früheren Wettbewerber Papst 1992 übernehmen. Aus der EBM wurde dann 2003 ebm-papst. 

Sie haben früh die Regel aufgestellt, dass jedes neue Produkt effizienter sein muss als der Vorgänger. Wir kam es dazu?

Gerhard Sturm: Wir mussten im Wettbewerb bestehen und den Bedürfnissen unserer Kunden gerecht werden. Wir waren nicht allein auf dem Markt. Um uns abzuheben, mussten wir stets besser werden. Es ging darum, Produkte zu entwickeln, die nicht nur technisch überlegen, sondern auch wirtschaftlich attraktiv waren. Dass die Effizienz einmal so einen großen Stellenwert haben würde, konnte man anfangs nicht wissen. Aber es war manchmal so, dass ich den richtigen Riecher hatte, lange bevor das andere gesehen haben.

Sie haben selbst zahlreiche Patente angemeldet. Haben Sie sich als den Erfinder Nummer eins im Unternehmen gesehen?

Gerhard Sturm: Na, mein Anspruch war das schon, zumindest in den ersten Jahrzehnten. Ich habe die Themen häufig vorgedacht, fertigentwickelt haben dann auch andere. Und natürlich gehen viele Patente auf meine Leute zurück. Aber ich habe immer Impulse gegeben. Das war mir sehr wichtig.

Woher kam – gerade in der Anfangszeit – das Selbstvertrauen? Woher wussten Sie, dass das, was Sie sich da überlegt haben, auch wirklich gut ist, etwas Besonderes ist?

Gerhard Sturm: So ganz genau weiß ich das nicht. Das Selbstvertrauen kam aus einer Mischung von technischem Verständnis, Marktkenntnis und dem Glauben an unsere Fähigkeiten. Aber es war schon so, dass ich manchmal mit meinen Ideen allein dastand und selbst meine engsten Mitarbeiter skeptisch waren. Aber wenn ich von einer Idee überzeugt war, hatte ich immer den Mut, an ihr festzuhalten. Wir mussten ja überlegen, was die Kunden in fünf oder zehn Jahren brauchen werden – bevor sie es selbst wussten. Deswegen habe ich mich immer dafür eingesetzt, dass wir größere und noch größere Motoren bauen. Am Ende hatte ich glücklicherweise häufig recht. Alleine hätte es trotzdem nicht funktioniert. Es braucht das Team.

Wie wurden denn Innovationen bei ebm im Team entwickelt?

Gerhard Sturm: Da wurden keine Briefe und keine Mails geschrieben. Ideen wurden täglich diskutiert, getestet und weiterentwickelt.

Heute würde man so etwas wohl „agiles Arbeiten“ nennen.

Gerhard Sturm: Ja, vielleicht. Die enge Zusammenarbeit und der ständige Austausch haben es uns jedenfalls ermöglicht, schnell und effektiv Innovationen voranzutreiben. Der Montag war bei einigen Entwicklern gefürchtet. Da stand dann wieder der Chef da und hat seinen Leuten mitgegeben, was ihm am Wochenende so eingefallen ist.

Braucht es eigentlich auch heute noch einen Chef, der die technischen Details versteht und Verbesserungen vorantreibt?

Gerhard Sturm: Ja, denn das Produkt lebt von der Technik. Und wenn Sie die nicht beherrschen, dann kann man das Unternehmen nicht erfolgreich führen. Gleichzeitig ist das für einen ebm-papst-CEO heute auch eine Managementaufgabe, die weit über das hinausgeht, was es früher einmal war. Heute kommt es noch mehr als früher darauf an, die richtigen Leute für spezifische Aufgaben zu finden und fördern.

Heute spielt die Firma, die so lange Ihr Lebensinhalt war, wohl nicht mehr die wichtigste Rolle in Ihrem Alltag. Was ist Ihnen heute wichtig? Was gönnen Sie sich?

Gerhard Sturm: Heute sind für mich die kleinen Dinge des Lebens und vor allem die Familie am wichtigsten. Meine Frau und ich genießen unseren gemeinsamen Alltag. Es erfüllt mich mit Freude, dass ich noch weitgehend selbstständig bin und den Tag mit meiner Anne durchleben kann. Die Familie, insbesondere unsere Kinder und Enkelkinder, steht jetzt im Mittelpunkt. Ich genieße es, wenn die Enkel zu Besuch kommen oder wir gemeinsam in den Urlaub fahren. Was unser Vermögen und unsere Beteiligungen betrifft, so vertraue ich meinem Sohn Ralf, dass er aus dem Family Office heraus, die bis heute sehr erfolgreiche Entwicklung in der Zukunft fortsetzen kann. Es beruhigt mich zu wissen, dass die Firma in guten Händen ist. Denn natürlich hoffe ich, dass es auch ebm-papst weiterhin gut geht.

Wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken – als Unternehmer, Erfinder, Familienmensch und engagierter Bürger – wie würden Sie sich selbst mit wenigen Worten beschreiben?

Gerhard Sturm: Ich bin immer neugierig geblieben und habe immer versucht, Verantwortung zu übernehmen – für meine Familie, meine Mitarbeiter und meine Heimatregion. Ich war sicher manchmal stur in meinen Überzeugungen, aber immer offen für neue Ideen. Mein Lebensmotto war es, nie aufzugeben und immer nach Verbesserungen zu suchen.

Was wünschen Sie Ihrem Mann zum 90. Geburtstag, Frau Sturm?

Annemarie Sturm: Natürlich Gesundheit. Mein größter Wunsch ist, dass wir noch lange zusammen sein können.  

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