Auf der Industrial Transformation Stage macht Jonas Andrulis Werbung für den ganzheitlichen Ansatz. Der Aleph-Alpha-Gründer betont, wie wichtig Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit bei den Sprachmodellen sind. Es sind Pluspunkte, die sein Sprachmodell Luminous bietet. Die Hoffnungen in der Region #HeilbronnFranken liegen inzwischen ganz besonders auf ihm, weil sich Schwarz-Gruppe, Dieter Schwarz Stiftung und D11Z. Ventures GmbH & Co. KG an Aleph Alpha beteiligt haben.
Dass die Zusammenarbeit Früchte trägt, das ist dann ein paar Stunden später am Stand von STACKIT zu sehen. Dort zeigten Manuel Hoffmann und Tim Raynoschek, dass das deutsche Sprachmodell Luminous auf der europäischen Cloud Stackit aus der Schwarz-Gruppe bereits läuft, und zwar in einem Pilotprojekt für ebm-papst. Da wird die Dokumentation für eine Lüftungsinstallation über die KI nutzbar gemacht. Auf die Frage: „Wann sollte gewartet werden?“ gibt das System klare und auch von Laien lesbare Antworten, aber eben auch zahlreiche Links, wo in der Original-Dokumentation die Infos dazu gefunden wurden.
Für den Ventilatorenhersteller aus Mulfingen ist das also durchaus der schon angekündigte erste Brückenschlag nach Heilbronn, zum IPAI und ins KI-Ökosystem, wie ebm-papst-CEO Klaus Geissdoerfer meint. Eine kleine Überraschung ist es aber auch.
Der Kanzler bei PreZero
Ach, noch mal zum Kanzler. Der hat sich doch tatsächlich auch ein Unternehmen aus der Schwarz-Gruppe noch ausgesucht: PreZero. CEO Wolf Tiedemann ist die Anspannung wenige Minuten vor dem Besuch gar nicht besonders anzumerken. Ja, PreZero sei als mit seinem integrierten Ansatz in der Kreislaufwirtschaft ziemlich einzigartig. Vielleicht sei das ein überzeugendes Argument auch fürs Kanzleramt gewesen, vermutet er.
Dann erklärt er Olaf Scholz unter anderem, dass dank PreZero die sauberste Fußball-EM aller Zeiten in Deutschland stattfinden kann. Der Rest geht im Getöse unter, das pünktlichst am Nachbarstand entfacht wird.
Und noch so eine Verbindung durch die Region
Wenn man so über die Hannover Messe wandert, dann ist man immer wieder erstaunt, worüber man da stolpert – mal abgesehen von den fiesen Teppich-Ecken.
Kurzer Rück- und Einblick: Da wurde am Sonntagabend der Greiftechnik-Spezialist Schunk mit dem Hermes Award ausgezeichnet – und zwar für eine Technik, die auf den ersten Blick gar nicht so unfassbar exklusiv erscheint. Es geht darum, mit einem Greifer kameragesteuert die unterschiedlichsten Bauteile aufnehmen zu können, ob Zahnrad oder bewegliche Kettenglieder.
Das Entscheidende in diesem Fall sei, wie Dominik Scherer am Stand von Schunk erklärt, dass die KI dahinter in der kleinen Recheneinheit läuft, die gleich neben dem Greifarm steht, und dass die Software mit sehr wenigen Trainingsdaten auskommt. Statt Tausende Bilder von dem Zahnrad braucht es offenbar nur etwas in der Größenordnung von 20 bis 30. Es funktioniert: Sachte und gefühlvoll packen die zwei Finger zu.
Diese KI wurde übrigens nicht eingekauft, sondern im eigenen Hause selbst entwickelt. Das hat der Jury gefallen – und sie hat das Schunk-Team zappeln lassen bis zum Schluss. Die Überraschung am Eröffnungsabend war umso schöner.
Da kommt der gefühlvolle Finger
30 Meter weiter, am Stand des Mechatronik-Spezialisten Wittenstein, spielen gefühlvolle Finger plötzlich schon wieder eine Rolle. „Etwas wirklich Neues sind unsere Drehmomentsensoren, kommen Sie mal mit“, sagt Wittenstein-Chef Bertram Hoffmann und nimmt ein Bauteil von der Größe eines Lego-Blaulichts vom Tisch. Es ist ein Produkt des Ablegers Resense, einem Joint Venture von Wittenstein und der WIKA in Klingenberg am Main. „Äußerst sensitiv“, sagt Timo Markert, Managing Director von Resense, und zeigt an einem angeschlossenen Exponat, wie jeder leichte Druck von oben oder irgendeiner Seite zu entsprechenden Ausschlägen auf dem Bildschirm darüber führt.
„Wir sind auch schon im Gespräch mit Schunk, die solche Sensoren auch in ihren Greifarmen einsetzen könnten“, verrät Bertram Hoffmann.
Und wieder wird so eine Verbindung quer durch die Region, von Lauffen am Neckar bis nach Igersheim an der Tauber, offenbart.
Was da so ganz unspektakulär und fast nebensächlich erwähnt wird, danach lecken sich in Hannover auch die ganz großen Tech-Firmen die Finger. In Halle 17 macht Microsoft eine Welle, um sich als Partner für die Mittelständler zu präsentieren, mit ihrer Microsoft Azure-Cloud und Lösungen für maschinelles Lernen.
Richtige Richtung
Die klassischen Industriebetriebe gibt es natürlich auch noch. Bürkert zum Beispiel, wo wie schon im vergangenen Jahr auch Dominik Fröhlich und Thomas Sattler die Ventilsysteme präsentieren. Mit dem Standort sind sie dieses Jahr auch sehr viel zufriedener. Jetzt laufen alle Besucher, die von Westen hereinkommen, direkt auf den Stand zu – und nicht dran vorbei, wie im letzten Jahr. Entsprechend viele Gespräche gibt es auch schon. Wasserstoffanwendungen spielen eine zentrale Rolle.
Die Herausforderungen bei dem Thema sind weiter groß, betont Jasper Laug vom Temperierspezialisten Lauda aus Lauda-Königshofen. Eine Anlage, die den Wasserstoff an Tankstellen kühlt, ist auf dem Stand ausgestellt. Solche Anlagen sind zuletzt nach Frankreich geliefert worden. Doch in Deutschland und dem restlichen Europa wird momentan wohl eher darüber nachgedacht, woher der viele Wasserstoff, der möglicherweise mal vertankt wird, denn kommen soll. Für Lauda vielleicht die Zeit, in die nächste Entwicklungsstufe zu investieren.
Große Hoffnung auf den Quantensensor
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger nahm sich am Stand der Trumpf-Ausgründung Q.ant, die mit Quantensensoren Prothesen steuern wollen, viel Zeit. Es ist ja auch ein Projekt, das bei genauerem Hinhören wie Science Fiction erscheint, und doch greifbar nah ist. Gründer und CEO Dr. Michael Förtsch ist es jedenfalls gelungen, die Ministerin zu beeindrucken.
An einem Stand von The Länd – Baden-Württemberg leistet sich gleich zwei große Gemeinschaftsstände – ist eine kleine Fabrik-Automatisierung von fischertechnik aufgebaut. KI spielt tatsächlich auch hier schon eine Rolle, wie Felix Witzelmaier erzählt. Erst im Februar ist die Fischer-Gruppe Mitglied im Ipai geworden. Das Unternehmen hofft, für seine Befestigungs- und Bautechnik dort neue Lösungen entwickeln zu können. Aber die intelligente fischertechnik würde dort wohl genauso gut mit dazupassen.
Heilbronn-Franken präsentiert sich in diesem Jahr allein unter dem Hashtag #EinPlatzFürOriginale in Halle 3. Johanna Häfele und Sonja Enzel machen Werbung für die Region. Am ersten Tag dabei ist auch Dr. Andreas Schumm, Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken (WHF), und er ist mit der Betriebsamkeit bei seinem Rundgang ziemlich zufrieden.
Die Rede wirkt nach
Unzufrieden ist Ziehl-Abegg-Chef Dr. Marc Wucherer – und zwar mit der Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz am Vorabend bei der Eröffnungsfeier. Da hätte er doch etwas mehr erwartet. Und damit steht er nicht allein. Ansonsten hatd der Ventilatorenbauer aus Künzelsau wieder manches im Gepäck, das man erst auf den zweiten Blick mit Lüftungstechnik in Verbindung bringt. Backwaren aus dem Umluftofen etwa, oder belüftete Rechner, auf denen der Nachwuchs und viele Junggebliebene nach Herzenslust „zocken“ können.